ÖV T.
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Ich war knapp 1 1/2 Jahre dort und mir hat es überhaupt nicht gefallen.
Um es vorne weg zu nehmen: Ich hatte das Gefühl die Zeit dort ist im Zeitalter Napoleons stehengeblieben... Das Internat lehnt jegliche Art von Technik ab - von Evolution ist nicht zu denken... Kein Computer, kein Mobiltelefon, kein Fotoapperat, nicht einmal eine Musikspieler wie eine Musikanlage oder MP3-Player - NICHTS elektronische; das einzige elektronische dort waren die Deckenleuchten, der Küchenherd und das uralte Telefon mit Drehscheibe!
Apropos Telefon: Ich durfte nur einmal in der Woche nach Hause telefonieren und manchmal als Konsequenz einmal gar nicht - auch wenn ich noch ein schüchterner 9-Jährige war.
Die "Sozialpädagogen" dort wohnten genau neben den Wohngruppen mit ihrer Familie. Als ich nachts Heimweh hatte und geweint habe hatte der nebenanwohnende Pfleger keine anderen Sorgen als seine eigenen schlafenden Kinder die am nächsten Tag in die Schule müssen...
Kooperation mit den Eltern lehnte das Personal dort ab. Auch hatten sie es nicht gerne, wenn die Kinder am Telefon negativ von der Burghalde berichteten und haben deshalb oft zugehört. Damit die Kinder "im Geiste mehr dort sind" wurde der Kontakt nach Hause minimiert!
Ich habe auch in Erinnerung, dass man mich 2-3x grob angefasst und mir wehgetan hat (Da es schon länger her ist und dies meine persönliche Wahrnehmung war, mache ich zu Thema "Übergriffe" keine weiteren Äußerungen - auch um niemanden fälschlich zu belasten)
Es gab nur Doppelzimmer und daher wenig Privatsphäre oder Rücksichtnahme auf persönliche Bedürfnisse. So hatte mein Zimmernachbar das Problem, dass er (aufgrund einer Behinderung) nachts in die Hose gemacht wird und dieser Geruch mich in der Nacht eben extrem angewidert hat...
Ebenso fiel mir auf, dass die Männer dort alle lange Haare und Frauen kurze Haare hatten - gegen die "Eitelkeit" erklärte man mir.
In der Zeit als ich dort war hatte ich eine Phase in der ich eine homosexuelle Einstellung hatte und mich in einen Jungen verliebt hatte. Die Pädagogen dort tanzten im Viereck als sie das mitbekamen und versuchten mir zu lehren das Homosexualität verboten seie. Ich argumentierte mit dem Grundgesetz. Diese "Behauptung" meinerseits wiesen sie entschieden zurück.
Also: Alles im Zeitalter Napoleons! Ich weiß nicht ob das überall bei Waldorfpädagogik so ist. Hier jedenfalls war es so...
Keine schöne Zeit war das... Klar es gab auch schöne Augenblicke dort in und mit der Natur und auch Eurythmie, Festanlässe und die instrumental gespielte Musik sorgte oftmals für gute Stimmung und einen guten Wohlfühlfaktor.
Aber dass im 21. Jahrhundert auf technischem Stand von 18XX und Erziehungsmethoden aus der Nachkriegszeit gearbeitet wurde finde ich nicht so toll... Man muss aber dazu sagen, dass es überwiegend nur die Erziehungsmaßnahmen an sich waren, Gewalt war dort kein Thema und keinesfalls Bestand der "alltäglichen" Erziehung - das waren in meiner Erinnerung nur Einzelfälle und die gibt es überall...